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NS-Fasten - oder - Muss es immer gleich Hitler sein?

Mai 2024

Mittlerweile ist es also sogar schon einem Grünen passiert - der öffentliche Gebrauch von Analogien aus der Zeit zwischen 1933 bis 1945 endete für den Münchner Grünen-Stadtrat Bernd Schreyer mit einer Verurteilung und wurde teuer. Er dachte, dass man angesichts des um sich greifenden Grünen-Bashing mal das scharfe Schwert des "Judenvergleichs" heraus holen sollte. Doch damit schnitt sich der des Antisemitismus unverdächtige sogleich ins eigene Fleisch. Ihm zufolge wäre es "... gelungen so gegen Grüne aufzuwiegeln, als seien sie die ›neuen Juden‹ die ›ausgemerzt‹ werden müssen, um Deutschland wieder alles Glück und Wohlstand zu bringen." Das Gericht hielt dies für eine Verharmlosung des Holocaust. Ähnlich erging es ja auch jenen Corona-Kritikern, die sich einen Davidstern mit "Ungeimpft" aufnähten. Oder Prof. Bakhdi, der Holocaust, Israel und Corona-Impfung vermischte. Oder dem Bremer Künstler Rudolf Bauer, der Lauterbach grafisch in die Nähe Hitlers brachte.

Diese und viele weitere stets verunglückenden Vergleiche mit dem Bösesten aus den dunklen zwölf deutschen Jahren lassen nur eine Schlussfolgerung zu: Man sollte die Zeit zwischen 1933 und 1945 sicherheitshalber komplett aus dem Sprachgebrauch entfernen. Der NS-Vergleich ist das Feigenblatt, unter dem sich die juristisch verletzbarste Stelle einer Person befindet. Für weniger Ärger mit dem politischen Gegner empfehle ich allen Beteiligten das "NS-Fasten". Man kann in Deutschland alles mit allem vergleichen und über alles reden, aber Dinge zwischen 1933 und 1945 bringen immer nur Unglück. Nicht wahr, Herr Krah?

Wenn man also bei Gelegenheit demnächst wieder mal ein Beispiel für ungeheuerliche menschliche Entgleisungen braucht, dann sollte man sich Alternativen zu den liebgewonnenen, schlagkräftigen und aufsehenerregenden Nazi- und Judenvergleichen zurecht legen.

Will man - warum auch immer - Parallelen zu Völkermorden anbringen, wären folgende Volksgruppen juristisch sauber: Indianer im früheren Amerika, Armenier in der früheren Türkei, Hutu im früheren Ruanda, Rohingya in Myanmar, Jesiden im Irak.
Will man unbedingt gewisse staatliche Praktiken mit dem Naziterror assoziieren, beiße man sich auf die Zunge und wähle lieber folgende Täter: Rote Khmer (Kambodscha), Mullahs (Iran), Taliban, IS, Jakobiner, Hexenjäger (Europa).
Bei grausamen Diktatoren hat man eine so reiche Auswahl, dass es nicht immer gleich Hitler sein muss: Stalin, Idi Amin (Uganda) , Ceausescu (Rumänien), Mao Tse Tung, Kim Il Sung (Nordkorea).
Wenn es weniger um Massenmord geht, sondern um totalitäre Strukturen, wird niemand mit Klagen drohen, wenn man lieber die hier nimmt: DDR, Nordkorea, China, Turkmenistan.

Selbst Begriffe, die nicht eineindeutig zum NS-Regime gehören, aber starke Assoziationen auslösen, sollte man vorsichtshalber meiden: Faschismus, Deportation, Ghetto.

Interessant wäre vielleicht auch die Benutzung von Chiffren, die ihre Wirkung entfalten, weil sie aus dem aktuellen Giftarsenal des Mainstream gemixt sind. Einfach mal gesponnen: "Corona-Minister Spahn würde gut in Putins Kabinett passen", "Michael Ballweg wurde wie ein russischer Oppositioneller behandelt", "Merz ist der Höcke der CDU".

Apropos Höcke und AfD. Hier ist der Nazivergleich in der Regel ausdrücklich erwünscht, blieb bisher kaum geahndet und läuft unter Meinungsfreiheit statt unter Nazi-Verharmlosung oder Volksverhetzung. Abzuwarten bleibt, wie ein österreischiches Gericht entscheiden könnte, sofern eine Strafanzeige gegen SPD-Genossin Saskia Esken vor Gericht landet. Sie hat im ORF unmissverständlich die AfD als Nazi-Partei bezeichnet.

Fazit. Egal wo man steht und wie sehr man den politischen Gegner schädigen will: das NS-Fasten schont die Psyche und den Geldbeutel.

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